Sonntag, 26. März 2017

all-inklusiv

Er sah ihn dort sitzen. Es war dieser Kollege, den er nur immer mal wieder begegnet. Den Namen kannte er gar nicht. Der war wohl auch aus dem Urlaub wieder zurück. Jedenfalls grinste der merkwürdig und deswegen musste er sich zu ihm setzen.
"Hallo, auch wieder da", grüsste er.
"Ja, hallo. Nun geht es wieder weiter. Müssen wir wohl wieder in die Mühle", der Kollege konnte aber gar nicht den müden, eher depressiven Gesichtsausdruck des Büromenschen aufsetzen.
Dann musste er wohl: "Nach so einem richtigen Urlaub kommt man doch entspannt zurück. Wie war denn Ihrer?"
Das war genau das gewünschte Stichwort. Sein Gegenüber schwärmte von der Fernreise, die diesmal nach Asien ging. Die Tempel in Kambodscha hatten sie sich angesehen. Und sogar einen kleinen Buddha aus Holz hatten sie günstig erstanden.
"In Bangkok die Märkte haben wir uns nicht noch einmal angetan", konterte er in einer Schwallpause.
"Sie waren auch in Asien?"
"Immer mal wieder nach Thailand auf eine von den Inseln im Süden. Da hat man ja alles. Das Wasser. Das Essen. Und für Kultur immer der Tag in Bangkok. Da aber dann nicht die Märkte mit den Booten. Im Fernsehen sieht das immer toll aus, aber der Gestank und die Mücken. Das ist gar nicht mein Ding."
Der Kollege schwärmte dann nicht mehr so richtig. Gegen die Mücken hatte er so ein Spray gehabt. Der Geruch war auch gar nicht so schlimm.
"Auch wieder da?", hörte er nach dem üblichen "Mahlzeit" und "Guten" in der Kantine.
"Muss ja"
"Wie war es?"
"Zu kurz", alle lachten über dieses, mittlerweile schon geflügelte Wort. Die Gruppe widmete sich schweigend ihren Tellern, bis die Sportler anfingen von ihren tollen Erlebnissen zu erzählen. Es waren nur einige, die aber einfach nur nervten, wenn sie schwärmten, was für tolle Kerle sie doch waren.
"Die Bremse hat richtig gehalten bei der Abfahrt die Alpen hinunter. Anderen können da ja schnell runter, obwohl die ja dann auch wieder die ganze Energie in den Abrieb ...", das Gefachsimpel vom eventuell zukünftigen Teilprojektleiter sollte in andere Bahnen gelenkt werden.
"Also ich habe ja mal die Radheinis im Hotel, die immer auf die Pässe rauf waren, gefragt, was sie denn schlucken. Und die haben doch tatsächlich von EPO erzählt. Ich habe da einfach nur mal so ganz locker nachgefragt, so wie ich das immer mache. Und, ganz stolz, wird mir erzählt, dass das ohne EPO ja sowieso keiner mehr macht. Ist dem wirklich so?"
"Äh? Echt? Das machen schon einige, aber das ist doch auch ..."
"Also ich bin ja mehr so ein Genussradler. Ich habe da überhaupt keinen Ehrgeiz schnell irgendwo hin zukommen. Wir sind im Urlaub einfach nur flach an der Küste lang gefahren. So von einem Strand an den nächsten. Mehr so meditativ im Einklang mit der Natur, das ist für mich einfach viel interessanter."
"Wo ward ihr denn? Was Du wieder erzählst. Das gibt es doch gar nicht, so mit Küste und Berge."
"Gomera, kanarische Inseln. Da kommt nicht jeder hin. Da muss man schon Geduld haben und auf eine Fähre warten können. Wenn man es nicht pauschal organisieren will, dann ist ja alles viel, viel einfacher. Aber das habe ich gar nicht gemacht. Das kann ja jeder. Einfach mal ausgetretene Wege verlassen und dann ist das auch richtig so." An der Stelle hatte er seinen Teller fertig. Triumphierend legte er das Besteck zusammen.
"Gewinnt der Club mal wieder?", wechselte er zum Normalthema der Mittagspause.

In der U-Bahn nach Hause traf er die Andrea mit den langen Haaren und der für ihr Alter immer noch knackigen Figur. Sie erzählte vom Urlaub, der so viel ereignisreicher hätte werden können. Wenn nicht ihr Freund wäre, der aber auch gar nicht zu Aktion zu bewegen war.
"Männer machen doch immer was Verrücktes im Urlaub. Jedenfalls die richtigen", grinste er.
"Schön wär es ja", sprang sie nicht so richtig an.
"Ich hätte fast das Rad kaputt gefahren", fiel ihm ein. "Einfach den Pass hinunter und mit Karacho durch die Serpentinen und dann immer schön bremsen. Da konnte ich dann sehen, wie der Bremsbelag anfing zu schmelzen. Mache ich nicht noch einmal!"
"Wie? Du? Bergrauf mit dem Fahrrad."
"Dafür gibt es doch Lieferwagen. Die fahren einen rauf und dann kann man mit dem Rad hinunter rasen. Ist so etwas wie mit Skiern, da geht ja auch keiner den Hang rauf, oder etwa?"
Er genoss ihr anerkennendes Nicken. Vielleicht könnte da ja etwas laufen. Warum auch nicht? dachte er, nachdem sie sich verabschiedet hatte.

Seine Frau war an dem Abend festlich gekleidet. Sie sah hinreißend aus. Was wollte sie nur schon wieder?
"Passt mir noch. Toll", sagte sie.
"Ja, super"
"Zur Feier beim Bernhard. Der macht doch Promotion und wir sollen dann auch mitfeiern. Was ziehst Du an?"
"ja. äh. Ich habe doch auch noch so Sachen."
"Genau! Das will aber doch ausprobiert werden. Nicht, dass da das passiert, was auch dem Thomas mal passiert ist. Weißt Du noch. Wie der in die Hose nicht hereingekommen ist? Deswegen! Immer vorher ausprobieren, ob das noch geht. Mein Kleid geht jedenfalls noch. War doch gut, dass ich alle Fitnessangebote mitgemacht habe. War zwar albern, im Pool Wassergymnastik zu machen, aber hat funktioniert."
Wenig später mühte er sich in die Hose zu seinem einen festlichen Anzug. Sie ging beim besten Willen nicht zu. Früher hielt sie immer noch mit Gürtel, aber nun.
Sie hatte eben diesen Gürtel in der Hand. "Sag mal sind das wirklich zwei Gürtellöcher weiter? Vor dem Urlaub war das doch immer der Umfang und nun ganze 10cm mehr. Du kennst auch wirklich keine Grenze. Ist ja auch in Ordnung. Aber dann doch. Das geht doch nicht. Beim Stretchbund fällt das ja nicht auf. Sag mal."
Er schaute an sich herunter. Sie hatte, verdammt noch mal recht.
"Ok, das war dann das letzte Mal all-inkluiv Cluburlaub ohne kleine Kinder"

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